Mensch ärgere Dich nicht
Wahrscheinlich kennst Du dieses Brettspiel.
Laut Wikipedia wurde es in Deutschland 1911 von Josef-Friedrich Schmidt erfunden.
Genau! Der Schmidt von Schmidt-Spiele (keine bezahlte Werbung).
Allerdings gab es in Indien, Sri Lanka, Iran und anderen arabischen Ländern Vorläufer.
Dank Herrn Schmidt entwickelte es sich zu dem wohl bislang populärsten Gesellschaftsspiel.
Inzwischen gibt es eine neue Variante, die sich in den letzten Jahren in Deutschland größter Beliebtheit erfreut.
Sie heißt „Mensch ärgere Dich!“. Große Teile der Gesellschaft, auch Du und ich spielen es. Ohne Brett, ohne Spielpüppchen.
Das Brett ist unser persönliches Umfeld, das Zuhause, die Arbeit, der Straßenverkehr,
Wartezimmer usw., usw., usw.
Die Püppchen sind Mitmenschen, Gegenstände, Situationen…
Aber nicht nur darin unterscheiden sich beiden Spiele. Auch in ihrem Sinn.
Während das Original Spaß machen sollte, ist die Variante gegensätzlich unterwegs.
Der Ärger macht keine Freude, ist nicht spaßig.
Im Gegenteil, er kostet Energie, ist anstrengend, verursacht Stress, geht zu Lasten der Lebensfreude.
Er gehört damit zur Familie der nicht resilienten Gefühle. Außer ihm gibt es da noch Angst, Enttäuschung *
(siehe Tu-Es-Day-Impuls der letzten Woche), Schuld, Peinlichkeit, Scham und Traurigkeit.
Um Deine Resilienz, Deine psychische Widerstandsfähigkeit zu stärken, ist der Umgang mit ihnen bedeutsam.
Die eigenen Gefühle steuern und beeinflussen zu können, ist eine besonders wichtige Kernkompetenz,
um resilient -psychisch widerstandsfähig – zu sein.
Steuern bedeutet nicht, sich selbst und anderen etwas vorzuspielen. Die hier gemeinte Emotionssteuerung ergibt sich
aus dem starken Willen zum „Es geht mir gut!“
Diesem „Es geht mir gut!“ stehen nicht resiliente Gefühle im Weg.
Deshalb ist es bedeutsam, das persönliche Emotionsradar einzuschalten, um diese Gefühle rechtzeitig zu erkennen,
ihnen auszuweichen oder sie aufzulösen, sie idealerweise gar nicht entstehen zu lassen.
Also, was tun bei Ärger oder um ihn zu verhindern?
Werfen wir heute einen Blick auf ihn.
Dazu ist eine Erkenntnis wichtig: Hinter jedem Gefühl – positiv wie negativ - steht ein Thema.
Beim Ärger oder seiner gesteigerten Form, der Wut geht es um dieses:
Mindestens eines meiner Rechte wird gerade verletzt.
Manchmal liegt tatsächlich eine Rechtsverletzung vor.
Manchmal aber ärgern wir uns und oder werden wütend, weil wir glauben, dass jemand oder eine Situation unser Recht,
unsere Rechte verletzt.
In diesem Glauben liegt schon viel Lösungspotenzial.
Hier ein paar Beispiele:
Jemand nimmt Dir im Straßenverkehr die Vorfahrt. Ärger/Wut berechtigt!
Du stehst im Stau. Ärger berechtigt? Ich denke nein. Es gibt kein Recht, möglichst schnell und auf freien Straßen ans Ziel zu kommen. Das glaubst Du nur!
Die Polizei hält dich an, weil Du zu schnell gefahren bist, und nimmt Dir ein Bußgeld ab.
Gegen wen richtet sich Dein Ärger, Deine Wut? Die Polizei? Hast Du ein Recht, Regeln zu brechen? Freie Fahrt für freie Bürger?
Gegen Dich selbst? Weil Du unaufmerksam warst oder dumm?
Frage an Dich selbst: Hast Du ein Recht darauf, immer 100prozentig zu funktionieren und schlau zu sein? Falls ja, ärger Dich weiter.
Das wäre aber gar nicht schlau!
Ich denke, wir sind uns einig: Es ist nahezu unmöglich, sich nicht zu ärgern.
Die Kunst besteht zum einen darin, zu unterscheiden, wann es berechtigt ist und wann nicht.
Zum zweiten – wenn Du kein Glückspiel daraus machen möchtest - darin, zwei Schlüsselfaktoren der Resilienz zu benutzen.
Sie heißen Akzeptanz und Lösungsorientierung.
Akzeptanz bedeutet:
Es ist wie es ist, ich kann es nicht ändern.
Und: Was vorbei ist, ist vorbei!
Lösungsorientierung bedeutet:
Was kann ich tun, wie kann ich es ändern?
Du kannst Dich natürlich ärgern, wenn die Anregungen dieses TU-ES-DAY oder Du nicht immer und sofort funktionieren.
Du bist aber nicht dazu verpflichtet.
Und erst recht hast Du kein Recht darauf.
Vielleicht hilft Dir der heutige Impuls, eine Entscheidung zu treffen, welches Gesellschaftsspiel Du spielen, was Du gewinnen möchtest.
Und weil Du nicht immer gewinnen kannst: Mensch, ärgere Dich nicht
© Hans Lunkeit